Charlotte Venema/Karlheinz Pape: Barcamps

Interview mit Charlotte Venema und Karlheinz Pape, die das Forum Weiterbildung beim Demografiekongress präsentieren und Teilnehmende darauf einstimmen wollen.

Was erwartet die Besucher des Forums Weiterbildung?

VENEMA: Kurz gesagt „Aktives Lernen“. Wir machen den Kongressteilnehmern ganz bewusst ein Alternativangebot zum sonst eher passiven Zuhören.

PAPE: Wir sind es gewohnt in Vorträgen und Seminaren Experten zuzuhören. Dabei sitzt im Plenum weit mehr Wissen und Kompetenz als ein einzelner Referent aufweisen könnte. Beim Forum Weiterbildung wollen wir zeigen, wie lehrreich es sein kann, im Gespräch voneinander zu lernen. Dafür ist gar kein vorher ausgewählter Experte mehr nötig.

Wie kann man sich das beim Forum Weiterbildung im Rahmen des Demografiekongresses vorstellen?

PAPE: Teilnehmende des Forums Weiterbildung werden nach einer ganz kurzen Einstimmung gebeten, Themen vorzuschlagen, die sie gern besprechen wollen. Das können Gedanken zu den bis dahin gehörten Vorträgen sein, aber auch ergänzende Themen, die Teilnehmer für wichtig halten. Danach werden die Themen kurz von den Teilnehmenden nach persönlichem Interesse bewertet. Daraus ergibt sich dann die Reihenfolge, die am meisten interessierenden Themen kommen zuerst dran. Für jedes Thema nehmen wir uns 20 Minuten, dann kommt das nächste.

Das klingt noch ungewohnt. Und niemand weiß vorher, welche Themen drankommen?

VENEMA: Ja, daran hab ich mich auch erst gewöhnen müssen. Wer es dann mal erlebt hat, wie viel überraschend Interessantes in so einem selbstorganisierten Austauschformat vermittelt wird, der will sich so öfter informieren.

PAPE: Zu einem Meeting ohne Agenda zu gehen, ist für etliche Unternehmensvertreter noch schwer vorstellbar. Das ist ja in der Regel auch eine berechtigte Skepsis, und natürlich sollen nicht alle Besprechungen so ablaufen. Das Potential solcher Formate liegt einerseits im Entdecken von vorher nicht bekannten Kompetenzen und Erfahrungen der Teilnehmer und andererseits im Entwickeln neuer Problemlösungen auf der Basis der im Raum vorhandenen Expertise. Damit sind Treffen dieser Art auch in Unternehmen interessant. Und eine Überschrift, ein Thema, soll so ein Treffen schon haben- beim Demografiekongress geht es um „Weiterbildung – Lernen voneinander“.

Was macht Sie so sicher, dass so ein Forum auch ohne inhaltliche Planung für die Teilnehmer ein Erfolg sein wird?

VENEMA: Es gibt inzwischen reichlich Erfahrung mit selbstorganisierten Formaten. Da sind zum einen die BarCamps, wie das CorporateLearnignCamp (das nächste findet am 27./28.9.2013 in Frankfurt statt). Dann laufen alle Treffen der Community of Training Practice so ab. Teilnehmer sind dort übrigens ausschließlich Führungskräfte aus Unternehmen.

Selbstorganisation, das klingt nach Chaos, Beliebigkeit, und wenig nach Zielorientierung.

PAPE: Das Gegenteil ist der Fall. Nach BarCamps sagen viele Leute: Ich hab noch nie so viel gelernt, wie hier. Selbstorganisation beinhaltet auch Wahlfreiheit. Jeder kann selber entscheiden, ob er überhaupt mitmacht ob er nur passiv zuhört, oder sich aktiv einbringt. Damit handelt jeder gesteuert von seinen derzeitigen eigenen Interessen. Also, wer gerade ein Problem zu lösen hat, wird versuchen, in so einem Format von Anderen dazu Erfahrungen abzuholen. Wer gerade ein Projekt erfolgreich erledigt hat, wird darüber auch gern Anderen berichten. Dazwischen gibt es viele weitere Motive, sich an so einem selbstorganisierten Dialog-Prozess zu beteiligen. Also, es treffen sich nur motivierte Menschen in diesen Formaten. Das ist einer der Erfolgsfaktoren. Ein weiterer ist der Umgang auf gleicher Augenhöhe. Da es keinen inhaltlich Bestimmenden gibt, fehlt die übliche hierarchische Rollenverteilung. Jeder, egal ob Professor oder Praktikant, kann sich mit seiner Perspektive einbringen. Gerade verschiedene Blickwinkel machen so einen Austausch so effektiv.

Was ist bei einem BarCamp, wie dem CorporateLearningCamp anders?

PAPE: Bei BarCamps haben die Teilnehmer zu jeder Zeit auch die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren „Sessions“, die parallel in verschiedenen Räumen stattfinden. Und wegen der längeren Dauer ergeben sich während des Camps neue Session-Ideen, die dann wieder von Interessierten angeboten und gestaltet werden. Die Atmosphäre ist so inspirierend, dass auch neues Wissen gemeinsam entsteht. In BarCamps wird noch deutlicher, dass jeder mal Lehrender und mal Lernender ist, und diese Rollen permanent und fast unbemerkt wechseln. Das beginnt bei der Entscheidung eine Session zu gestalten, oder sich nur zu beteiligen, und das zeigt sich auch in jeder Session: Mal hört man nur zu, mal bringt man seine eigene Sicht aktiv ein.

Ziel des Demografiekongresses am 5. März ist es, den Nachwuchs beim Thema Fachkräftemangel stärker in den Blick zu nehmen. Inwiefern können Sie sich vorstellen, dass in Ihrem Forum hilfreiche Konzepte und Strategien entwickelt werden, die Unternehmen in ihr Personalmanagement und die Nachwuchsgewinnung und -bindung einbringen können?

PAPE: Wenn wir zum einen sichtbar machen, was schon jetzt in verschiedenen Unternehmen dazu geschieht, und wir es zum anderen schaffen, die Akteure dazu in den gegenseitig unterstützenden Dialog zu bringen, ist ganz sicher mehr erreicht, als mit weiteren Experten-Vorträgen dazu. Außerdem scheint das In-Dialog-Bringen ohnehin der Schlüssel für die Lösung des Demografie-Problems zu sein. Der Austausch zwischen den Generationen, der Dialog zwischen den Betroffenen und den Gestaltern von Rahmenbedingungen, und natürlich die gesellschaftliche Diskussion, sind die einzigen Triebfedern für Lösungen. Da sind wir doch genau richtig mit dem Forum „Weiterbildung – Voneinander lernen“ auf dem Demografiekongress. Wir verstehen „Weiterbildung“ hier bewusst nicht als formales Training, sondern als selbstorganisierten Prozess der Beteiligten. Die schaffen das auch allein. Wir geben dem beim Kongress nur einen Rahmen.

Karlheinz Pape moderiert beim diesjährigen Kongress das Forum Weiterbildung. Näheres hierzu erfahren Sie im Programm.