Demografiekongress 2018

8. Demografiekongress: „Miteinander innovativ – Generationen im Takt“

Treibt die Digitalisierung einen mentalen Keil zwischen „Jung“ und „Alt“? Die Gefahr besteht, doch vor allem im betrieblichen Alltag gibt es auch gute Strategien, um das Miteinander der Generationen zu fördern. Welche dies sein können zeigte der 8. Kongress des Demografienetzwerkes FrankfurtRheinMain in der IHK Frankfurt am Main.

Karen Hoyndorf

Karen Hoyndorf

 
„Miteinander innovativ – Generationen im Takt“: So lautete das Motto des 8. Demografiekongresses in der IHK Frankfurt am Main. Doch bereits die Keynote von Frank Schomburg, Mitbegründer und Gesellschafter der nextpractice GmbH, zeigte auf, dass das Miteinander der Generationen auch mal „neben dem Takt“ verlaufen kann. Er stellte eine Studie vor, die verdeutlicht, dass die Digitalisierung einen mentalen Keil zwischen die Belegschaft treibt: auf der einen Seite die Jüngeren, die glauben, dass die Älteren in der Transformation nicht mitkommen, auf der anderen Seite die Älteren, die sich selbst als nicht digitalkompetent einschätzen.

„Im Moment beobachten wir eine immer massivere Polarisierung nach dem Motto: Bist du auch ein Agilist? Das beginnt bei Unternehmen, die sich junge Start-ups einkaufen, im Irrglauben, dadurch agile Kompetenzen zu gewinnen. Und endet in der Gesellschaft, die sich von einem kollektiven Wir zu einem individuellen Ich entwickelt. Innovationen – betriebliche wie gesellschaftliche – gelingen aber nur, wenn die Menschen zusammenhalten“, sagte Schomburg.
Für Karen Hoyndorf, stellvertretende Präsidentin der IHK Frankfurt am Main, ist die Frage, ob die Generationen in den Betrieben „im Takt tanzen“ unabhängig von den Kategorien „Jung“ und „Alt“ zu sehen. Sie verwies auf ein Modell des finnischen Wissenschaftlers Juhani Illmarinen, nach dem die Arbeitsfähigkeit dann am besten ist, wenn die vier Einflussfaktoren Gesundheit, Kompetenz, Werte und Arbeitsumgebung stimmig sind und miteinander in Einklang stehen. „Gute Stimmung und ein gutes Miteinander“, betonte Hoyndorf, seien die wichtigsten Stellschrauben, damit eine Belegschaft gemeinsam an einem Strang ziehe.
Auch für Detlef Lamm, Vorstandsvorsitzender der AOK Hessen, spielt die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation immer weniger eine Rolle im Unternehmensalltag. „Allein durch den demografischen Wandel erleben wir, dass altersgemischte Teams quasi von alleine zusammenfinden. Vor diesem Hintergrund setzen wir auf Generationenvielfalt, denn alle Altersgruppen verfügen über besondere Talente, Befähigungen und Erfahrungen, die es zu wertschätzen und zu nutzen gilt“, sagte Lamm. Er berichtete in diesem Zusammenhang von einem betriebsinternen Programm, mit dem sich insbesondere ältere Mitarbeiter auf kommende Aufgaben als Führungskraft vorbereiten können.

Frank Schomburg

Frank Schomburg

Die Zeit dafür, dass die Verständigung zwischen „Jung“ und „Alt“ gut gelingt, sei günstig, so Prof. Dr. Andreas Klocke, geschäftsführender Direktor am Forschungszentrum Demografischer Wandel der FRA-UAS. „Wenn 75 Prozent aller Jugendlichen angeben, dass sie ihre Kinder genauso erziehen würden, wie sie selbst erzogen wurden, spricht das von einem starken Zusammenhalt zwischen den Generationen“, so Prof. Klocke. Dieser Zusammenhalt biete die Chance, zu einem Kraftzentrum im Rahmen der fortschreitenden Individualisierung zu werden.
Wie der Zusammenhalt in einem Unternehmen praktisch gelingen kann, verdeutlichte Annette Pascoe, Geschäftsführerin bei Pascoe Naturmedizin. Für sie gelte das Motto „die Stärken der Mitarbeiter zu stärken.“ Um dies zu erreichen, müsse man nach Möglichkeit auf jeden Mitarbeiter individuell eingehen. Der Schlüssel hierfür liege in der Transparenz, denn nur wenn das Verhältnis der Mitarbeiter von Verständnis geprägt sei, könne ein vertrauensvolles Miteinander gelingen. Entscheidend seien die Führungskräfte, denen Pascoe folgenden Rat mit auf den Weg gab: „Wertschätzen Sie Ihre Mitarbeiter, denn sie stellen Ihnen das Wertvollste zur Verfügung was sie haben: einen Teil ihrer Lebenszeit und ihr Know-how. Wir Führungskräfte sind dafür verantwortlich, unseren Mitarbeitern einen Sinn für ihre Arbeit zu geben und sie gemäß ihren Stärken einzusetzen.“
Die Themen Wertschätzung und Einbeziehung standen auch bei den Vorträgen der Handwerksbetriebe Elektro Ehinger GmbH, dem Metzgerbetrieb Fleischeslust und der Bruder + Feucht GmbH im Mittelpunkt. Vor allem für das Verhältnis zwischen Lehrling und Meister im Kontext der Ausbildung sei dies ein wichtiges Thema. Carolin Feucht, Bruder + Feucht GmbH, beschreibt die Herausforderung so: „Zentrale Bedingung, damit wechselseitiges voneinander Lernen gelingt, ist die Affinität für Neues. Nur wenn Neugier vorhanden ist, können die unterschiedlichen Generationen voneinander profitieren.“ Dieser Gedanke lasse sich auch auf das Miteinander von kaufmännischen und technischen Angestellten übertragen. Dieses werde bei der Bruder + Feucht GmbH beispielsweise durch den „Technikertag“ gefördert, an dem ein kaufmännischer Auszubildender verschiedene Abteilungen des Unternehmens kennenlerne und so auch Verständnis für technische Aspekte gewinnen könne.

Talkrunde mit Annette Pascoe, Dr. Max Neufein, Sven Altheimer, Detlef Lamm, Prof. Dr. Andreas Klocke

Talkrunde mit Annette Pascoe, Dr. Max Neufein, Sven Altheimer, Detlef Lamm, Prof. Dr. Andreas Klocke

Dass die Affinität für Neues keine Frage des Alters ist, davon war auch Markus Müller, Verkaufsleiter beim Pharmaunternehmen Lilly Deutschland GmbH, überzeugt. Mit einer kleinen Einschränkung brachte er dies so auf den Punkt: „Heterogenität ist dann effizient, wenn eine Homogenität der Werte vorhanden ist.“ In diesem Sinne sei es wichtig, dass Unternehmen ihre eigene Identität entwickeln und diese auch mit Leben füllen. Aus diesem Gedanken heraus habe sich Lilly das Ziel gesetzt, ein sehr menschlicher Betrieb zu sein, in dem die Kolleginnen und Kollegen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden und Führung „auf Augenhöhe“ gelebt werde. Hierzu wurden cross-funktionale, selbstorganisierte Arbeitsgruppen gebildet, die sich an der Entwicklung der langfristigen Personalstrategie beteiligen.
Letztendlich zeigten sämtliche Unternehmensbeispiele, dass Demografie und Digitalisierung erhebliche Auswirkungen auf das Miteinander in den Betrieben haben: Verlief früher der Wissenstransfer gradlinig und einseitig vom Meister zum Lehrling, so kann es heute durchaus auch anders herum sein. War die Weiterbildung im Job früher eher die Kür, so ist sie heute eine Notwendigkeit. Waren die Strukturen in Unternehmen früher oftmals von klaren Vorgaben und Kontrollen gekennzeichnet, so sind heute vielfach flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege anzutreffen.
Vieles ist also in Bewegung – gut, dass zumindest die Teilnehmer des Demografiekongresses dabei nicht aus dem Takt kamen!

Demografiekongress 2018

Demografiekongress_2018_TeilnehmerInnen als PDF-Download 199KB

nextpractice_Wertewelten_Arbeiten40_Demografiekongresss_2018 als PDF-Download 3MB

 

 

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