Nachbericht Forum 4: Gesundheit – Gesunde Führung im Takt

Gesunde Führung – heute wichtiger denn je

Was genau steckt hinter einer gesundheitsorientierten Führung? Welche Faktoren begünstigen gesundheitsorientierte Unternehmenskulturen? Welche sind eher hinderlich? Und überhaupt: Wie sieht „Gesunde Führung im Takt“ in der Praxis aus? Teilnehmende und Referierende des Forums Gesundheit sind genau diesen Fragen auf den Grund gegangen.

Petra Homburg

Petra Homburg

Aus ihrer jahrelangen Erfahrung als AOK-Projektmanagerin im Betrieblichen Gesundheitsmanagement – BGM-Firmenkundenbereich – weiß Fachreferentin Petra Homberg: Für Gesunde Führung gibt es kein Einheitsrezept. Doch eine Firmenkultur, die den Kontakt der Generationen untereinander wie auch zwischen Führungskräften und den anderen Systemen im Betrieb fördert, ist oberste Voraussetzung für Gesundes Führen in der heutigen Arbeitswelt. „Denn das Führungsverhalten beeinflusst maßgeblich Arbeitsmotivation und -zufriedenheit“, erklärte Referentin Homberg. Dabei müssten sich Führungskräfte bewusst darüber sein, auf welcher Bühne sie sich bewegen. Soll heißen: Gesundheitsorientiertes Führen bedeute zuerst „Self Care“, damit „Staff Care“ überhaupt möglich sei.

Allem voran müssen daher Handlungsleitlinien gesundheitsorientierter Führung bestimmt werden. Handlungsleitlinien, welche den Beitrag der Mitarbeitenden hervorheben und anerkennen. Eine Unternehmenskultur also, indem die Gestaltung des partnerschaftlichen und gesundheitsgerechten Miteinanders zentrale Führungsaufgabe ist. Denn nur so könne die Chance zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit gesteigert werden. Doch andersrum genauso: Zusätzliche Druckerhöhung, Führung durch Misstrauen oder fehlerorientiertes, demotivierendes Führungsverhalten erhöhen das Risiko der Arbeitsfähigkeitsverschlechterung – um genau zu sein auf das 2,4-fache. Doch was können Unternehmen im konkreten Fall tun?

Vier Schritte der Gesundheitsförderung

An erster Stelle muss eine gesundheitsorientierte Führungskultur aufgebaut werden: Die setzt voraus, dass die definierten Handlungsleitlinien in erster Instanz für die Führungsebene gelten; sie treten nämlich ihren Kollegen als Vorbilder gegenüber. Dabei sollten Arbeitsprozesse und -vorhaben klar und transparent in alle bestehenden Systeme kommuniziert werden. Auch bestehende innerbetriebliche Normen sollten im Sinne der Gesundheitsförderung überprüft, gegebenenfalls verändert werden.

In einem nächsten Schritt müssen die Arbeitsaufgaben und -bedingungen gesundheitsfördernd umgestaltet werden: Ist das Arbeitspensum zumutbar? Sind die Aufgaben abwechslungsreich genug? Wie wichtig ist mir das Feedback und die Expertise meiner KollegInnen bei der Bestimmung dieser Aufgaben? Findet diesbezüglich und grundsätzlich ein Austausch zwischen den Mitarbeitern statt? Zentrale Fragen, die zugunsten der Verbesserung von Arbeitsbedingungen geklärt werden müssen.

Stefanie Winkler

Stefanie Winkler

Optimierung der Arbeitsbedingungen bedeutet dann auch, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen und zu fördern. Lebensphasenorientierte Angebote von Familienservices, flexiblere Arbeitszeiten, Teilzeit- und Telearbeit, aber auch eine Arbeitsplatzsicherheit sind dabei ein paar der zahlreichen Maßnahmen, die ArbeitgeberInnen ihren MitarbeiterInnen zur Verfügung stellen sollten.

Gesundheitsorientiertes Führen heißt auch: Zeit und Raum für Regeneration schaffen. Unternehmen sollten über das Angebot von Bewegungs- und Entspannungsmöglichkeiten wie auch zur ausgewogenen Ernährung nachdenken. Über Kontaktpflege zu Kollegen können Bedarfe und Ressourcen schnell ermittelt und das Betriebsklima positiv beeinflusst werden.

Elf Trends – elf Gründe für Gesundheitsförderung
Warum eine gesundheitsfördernde Unternehmenskultur zur Motivation und Zufriedenheit der Arbeitenden beitragen und somit immer wichtiger für das Betriebsklima werden, stellte Petra Homberg an elf beobachteten Trends dar:

1. Psychische Belastungen nehmen zu, körperliche tendenziell eher ab
2. Worklife-Blending statt Worklife-Balance
3. Neue, flexiblere Vorstellungen von Karriere
4. Unbeschränkter Zugang zu Wissen
5. Höherer Stellenwert von Fachexpertise / Führung der Themen
6. Loyalitäten ändern sich
7. Demokratische Führung mit Partizipation und Mitbestimmung
8. Integrität / Corporate Social Responsibility als Unternehmensprinzip
9. Zeitalter der Transformationalen Führung
10. Sinn und Werte werden wichtiger
11. Führung bedeutet vermehrt Selbstführung

… und zwei Praxisbeispiele, die für eine gesunde Führungskultur sprechen

In ihren Kurzvorträgen bestärkten auch Steffi Winkler vom EAD Darmstadt und Claudia Koistinen von Manpower Group Eschborn die Vorteile eines BGM. Der städtische Betrieb für Abfall- und Entsorgungsfragen EAD führte schon 2001 das BGM im Unternehmen ein. Angefangen mit verschiedenen Präventionsangeboten, folgten in den Jahren darauf Arbeitssituations- und Bewegungsanalysen in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen. Seit 2010 setzt der kommunale Dienstleister jährlich ein neues Gesundheitsprojekt in jeder Abteilung um. 2016 nahmen 60 Führungskräfte aus drei Führungsebenen an Schulungen zum Gesunden Führen teil. Eine Initiative mit Erfolgsgarantie: EAD-Personalleiterin Steffi Winkler berichtete nicht nur von der positiven Resonanz und Nachfrage der Führungskräfte, sondern auch davon, dass die BGM-Aktivitäten im EAD weiter vertieft werden.

Bewegungspause

Bewegungspause

Auch MitarbeiterInnen der Manpower Group in Eschborn erkennen die Wichtigkeit und Bedeutung von Projekten zur Gesunden Führung. Alles begann mit dem Gesundheitsprojekt für die Zeitarbeit (GEZA): Hier merkten Claudia Koistingen und ihre Kollegen, dass nicht nur die Zeitarbeiter, sondern auch das Stammteam der Manpower Group in Eschborn von gesundheitsfördernden Maßnahmen des BGM profitieren könnte. Mit der Einführung eines BGM fanden innerhalb von drei Jahren Gesundheitsgespräche mit 400 Mitarbeitenden statt. Doch auch hier kam schnell die Erkenntnis: BGM bedeutet auch gesunde Führung, woraufhin die Workshop-Reihe „Gesund Führen als Erfolgsfaktor“ eingeführt wurde. Nachdem zuerst 60 Führungskräfte an mehreren Workshops teilnahmen, wurde dieser Workshop zum festen Bestandteil des Manpower Talent Development Katalogs und es finden nun jährlich bis zu drei Workshops statt. Der Workshop soll zur Pflichtaufgabe für Führungskräfte werden.

Kurzum: Ein Fachvortrag, zwei Praxisbeispiele und eine aktive Teilnahme seitens des Publikums. Nicht nur während der abschließenden Diskussionsrunde, sondern auch wegen der Bewegungspause, in der die sportlichen und koordinativen Fähigkeiten der Teilnehmer auf die Probe gestellt wurden.