Nachbericht – Forum 2: Breitband

„Zwischen Priorität und Synergie“

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v.l.n.r.: Tobias Brosze, Sven Pagel, Martina Schmitt

Zwei Zahlen drückten dem Forum „Die Gigabytegesellschaft braucht Infrastruktur“ des Digitalkongresses in Mainz ihren Stempel auf. Erstens: Das Downloadtempo stößt derzeit in Rheinland-Pfalz spätestens bei 50 Mbit/s an seine Grenzen. Zweitens: Eine nennenswert bessere Übertragungsrate, wie sie Unternehmen zur digitalen Transformation benötigen, kann in der Fläche bis zu 2,5 Millionen Euro kosten. „Müssen wir da nicht über Prioritäten beim Netzausbau sprechen?“, fragte Moderatorin Nicole Rabold, breitbandpolitische Sprecherin der IHK Arge Rheinland-Pfalz.

Die Frage richtete sich an ein kompetentes Podium: an Daniela Schmitt, Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, an Prof. Dr. Sven Pagel, Professor für Wirtschaftsinformatik und Medienmanagement an der Hochschule Mainz sowie an Dr. Tobias Brosze, den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Stadtwerke Mainz. Aus politischer, wissenschaftlicher und unternehmerischer Sicht erörterten sie zentrale Aspekte der Breitbandversorgung.

Staatssekretärin Daniela Schmitt ließ keinen Zweifel daran, dass „die mangelnde Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen“ abseits der Boomregionen „bereits heute ein Wettbewerbsnachteil“ ist. Zur Frage nach Prioritäten beim Breitbandausbau für Unternehmen sagte sie: „Das Wirtschaftsministerium möchte gemeinsam mit Gebietskörperschaften, Kammern und Netzbetreibern eine Bündelung deutlich unterstützen.“ Die „aggregierte Nachfrage nach Höchstgeschwindigkeitsanschlüssen“ werde elementare Veränderungen bringen, nicht zuletzt auch für die Investitionsbewertung eventuell unrentabler Erschließungen von Gewerbegebieten. Grundsätzlich sei Telekommunikation jedoch eine Aufgabe der Privatwirtschaft. Die Politik könne hierfür Rahmenbedingungen und Anreize zu setzen.

„Es muss infrastrukturell aufgerüstet werden! In den Kommunen, in den Landkreisen, im ganzen Land“, betonte der Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Sven Pagel und fügte hinzu: „Wir reden von Glasfaserausbau! Und von Übertragungsraten in wettbewerbsfähiger Dimension.“ Das Mitglied im IT Klub Mainz & Rheinhessen würdigte in diesem Zusammenhang eine Machbarkeitsstudie des Landes zum Ausbauziel 300 Mbit/s: „Da fängt es dann an interessant zu werden. Da muss es hingehen.“ Sein klares Ja zur Frage nach Prioritäten im Breitbandausbau begründete Pagel mit den Worten: „Man stattet lieber ein Gebiet zukunftsfähig aus, als dass man mit DSL-Notlösungen zwei Gebieten keinen echten Gefallen tut.“ Aufgabe der Politik sei es, Kriterien für die sicherlich nicht leichte Schwerpunktsetzung zu entwickeln.

Dr. Tobias Brosze beantwortete die Frage nach Prioritäten im Breitbandausbau aus der strategischen Sicht eines kommunalen Versorgungspraktikers. „Ich glaube, wir müssen uns auf Felder begeben, wo Synergien entstehen; zwischen regionalen Akteuren und zwischen Stadt und ländlichem Raum“, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Mainz. Sein Beispiel: Die Partnerschaft der Stadtwerke Mainz mit der EWR in Worms. „Wir haben ein Wasserwerk im Netzgebiet unseres Partners EWR, mit teilweiser Glasfaser-Infrastruktur der Wormser. Die werden wir mit unserer verknüpfen. Das heißt: Wir können dann einen Gigabyte-Stich ins Rheinhessische setzen und dort gezielt auf Gewerbekunden zugehen. Vielleicht sind das die interessanten Modelle.“ Für mehr Lebensqualität will das Stadtwerke-Projekt „45 Hotspots für die Mainzer City“ sorgen, auf Basis eigener Gigabyte-Struktur. „Vielleicht auch mit Unternehmenspartnern, die sagen: Wir sponsern das, weil es gut ist für die Stadt und für unsere Mitarbeiter“, sagte Brosze. Denn: „Als kommunales Stadtwerk beschäftigen wir uns ja stets mit der Daseinsvorsorge; mit Strom, Wärme, Wasser und Mobilität – und inzwischen auch mit dem öffentlichen Zugang zu digitaler Information.“

Die anschließende Diskussion im Forum „Die Gigabytegesellschaft braucht Infrastruktur“ ließ erkennen: In der infrastrukturellen Verknüpfung solidarischer Gebietskörperschaften liegt ein großes Potenzial, auch für die digitale Anbindung mittelständischer Unternehmen. Falsche Kompromisse in der Leistungsfähigkeit der Anschlüsse führen Unternehmen jedoch in die Sackgasse.

Hans-Georg Schuler, Mandelkern Marketing & Kommunikation

Foto: IHK Rheinhessen/Uwe Feuerbach

Vortrag: Die Gigabyte-Gesellschaft braucht Infrastruktur, Prof. Dr. Sven Pagel, Hochschule Mainz

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