Programm

Deutschland wird älter und bunter – eine Jahrhundertchance

294A5585 (Small)Lösungsversuche zum demografischen Wandel versucht das Demografienetzwerk FrankfurtRheinMain seit fünf Jahren zu entwickeln. Wie intelligent unsere Gesellschaft mit dem demografischen Wandel umzugehen lernt und auf ihn reagieren sollte, das zählte zu den Kernfragen des 5. Demografiekongresses, FrankfurtRheinMain im Wandel, der am 21. April in der IHK Frankfurt am Main stattfand. IHK-Präsident Prof. Dr. Mathias Müller sprach angesichts des nicht abzusehenden Flüchtlingsdramas im Mittelmeer davon, dass es dringend praxisorientierter Lösungen in diesem Lande bedürfe. Ein Umdenken müsse einsetzen, insofern, dass ein aktives Integrationsprogramm ins Leben gerufen werde, das die Flüchtlinge willkommen heiße, da diese „Menschen kommen, um uns zu helfen“, so Mathias Müller. Es müsse dafür gesorgt werden, so der IHK-Präsident weiter, dass Flüchtlinge durch aktive Teilhabe am Arbeitsprozess integriert werden und sich damit eine eigene Identität schaffen können. Er lobte stark den Einsatz ehrenamtlicher Helfer, die den Menschen unbürokratisch helfen. (Wobei eine anschließende Frage an das mit 450 Teilnehmern gut gefüllten Plenums ergab, dass sich nur vier Frauen und ein Mann spontan bereit erklärten, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen.) Abschließend erinnerte Mathias Müller daran, dass „es nicht so lange her ist, als viele unserer Eltern Flüchtlinge waren“. Heute gehe es darum, Brücken zu bauen.

Chance für Deutschland
294A5669 (Small)Als Jahrhundertchance für Deutschland bezeichnete Gastredner Prof. Dr. Henrik Müller die Zuwanderung. Der promovierte Ökonom und Professor für wirtschaftspolitischen Journalismus an der Technischen Universität Dortmund erklärte, warum die Menschen flüchten: Wegen der verzweifelten Lage in ihren Heimatländern und der existenziellen Bedrohung unter der sie täglich litten. Für Deutschland als Geronto-Meister mit schlechter Prognose im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklung brauche das Land Zuwanderung. Er sieht darin für Deutschland eine enorme Chance, nachhaltig das demografische Potenzial zu verbessern. „Wenn“, so seine These, „in Integration investiert wird.“ Man müsse den Flüchtlingen ein „menschenwürdiges Leben“ ermöglichen, damit sie „freiwillig bei uns bleiben, Deutschland als Heimat ansehen und sich produktiv entfalten“. Müller: „Der demografische Wandel macht an unseren europäischen Grenzen nicht halt. Längerfristig können wir unseren Migrationsbedarf nur aus ferneren Ländern und Kulturen mit Geburtenüberschuss decken. Dies stellt unser gesamtes politisches und gesellschaftliches System vor enorme Herausforderungen. Wenn wir über staatliche Investitionsprogramme sprechen – so viel ist sicher – ist Integration der Bereich, der die höchste Rendite verspricht.“

In Frankfurt lebt es sich gut
294A5635 (Small)Eine vor dem Kongress mit der Frankfurter Rundschau und anderen Organisationen gestartete Online-Umfrage hatte ergeben, dass es sich in der Region besser lebt als von vielen vermutet. Die Region wird als weltoffen, wirtschaftsstark und kulturell vielfältig wahrgenommen. Für einen Großteil der rund 1.700 Befragten ist es vor allem die Abwechslung aus groß- und kleinstädtisch, Neuem und Altem, City und Natur, das den Charme der Region ausmacht. Nicht von ungefähr verzeichnet die Region seit Jahren einen kontinuierlichen Bevölkerungszuwachs. Die Umfrage offenbart jedoch auch die Kehrseite dieser eigentlich positiven Entwicklung. So stehen Begleiterscheinungen wie starke Verkehrsbelastung, Umweltverschmutzung und Mangel an bezahlbarem Wohnraum ganz oben auf der Sorgenliste. Mit Letztem verbunden sind zudem Befürchtungen einer steigenden sozialen Ungleichheit. „Die Hoffnungen der Menschen ruhen auch auf technologischem Fortschritt als entscheidendem Treiber für Problemlösungen, die Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum mit sich bringen. Damit die Industrie auch künftig der entscheidende Wohlstandstreiber bleiben kann, ohne die Wohlfühlfaktoren zu zerstören, sind wir auf junge Menschen angewiesen, die sich als Fachkräfte dieser Probleme annehmen. Einwanderung ist hierbei ein entscheidender Hebel. Um die Attraktivität der Region zu wahren, benötigen wir eine strategisch ausgerichtete Willkommenskultur, die uns gegenüber anderen Metropolregionen auch in der Zukunft wettbewerbsfähig macht“, fasst VhU-Präsident Wolf Matthias Mang den Handlungsbedarf zusammen.

294A5827 (Small)Dass diese Willkommenskultur nicht nur von der Stadt Frankfurt allein gelebt werden kann, betont Oberbürgermeister Peter Feldmann: „Sprechen wir von Standortmarketing, muss die gesamte Region Frankfurt Rhein-Main mit einer Stimme sprechen. Was es braucht, ist eine gemeinsame Vision, mit der sich alle Kommunen identifizieren. Diese Vision schaffen wir nur im gemeinsamen Dialog auf Augenhöhe.“ Zu diesem Dialog können Medien erheblich beitragen, ist Bascha Mika, Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau und selbst eine Hinzugezogene, überzeugt: „Sprechen wir von einer Metropolregion, geht es nicht allein um den Wirtschaftsstandort. Es geht um die Menschen, die hier leben. Und wir erzählen ihre Geschichten. Wir Medienschaffende tragen Verantwortung dafür, wie Themen in die Gesellschaft transportiert werden. Besonders bei einem sensiblen Thema wie Zuwanderung.“

D54A5577 (Small)Dass Integration ein lohnenswertes Ziel ist, würde auch eine der Teilnehmerinnen der Umfrage bestätigen, die online kommentierte: „Als ‚Ausländerin‘ mit deutschem Pass wohne ich sehr gern in der Rhein-Main-Region. Ich weiß, dass vieles hier besser ist als anderswo – und möchte gerne, dass die Region noch ‚lebenswerter‘ wird! Danke für die Umfrage!“

Autorin: Jutta Perino

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Vortrag „Jahrhundertchance Zuwanderung”, Prof. Dr. Henrik Müller

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