Forum 3 – BarCamp Corporate Learning: Kongress-Nachbericht

Karlheinz Pape

Karlheinz Pape

Charlotte Venema

Charlotte Venema

„Eine Selbstlerneinheit kann spannender als ein Tatort sein.“

Wer häufiger auf Konferenzen zugegen ist, hat vielleicht auch schon festgestellt, dass das, was in den Pausen besprochen wird, manchmal interessanter als die offizielle Tagesordnung ist. In den letzten Jahren haben sich parallel zu den klassischen Konferenzen immer mehr „Un-Konferenzen“ entwickelt, die sich genau dieses Prinzip zu Eigen machen – die BarCamps.
In einem BarCamp sind es die Teilnehmer selbst, die bestimmen, worüber diskutiert wird. Frei von einer vorgeschriebenen Agenda und langweiligen Referenten, die man sich nur deshalb antut, weil man auf den spannenden Vortrag wartet, der im Anschluss kommt. Nicht von ungefähr entsprechen BarCamps daher einem Zeitgeist, der von einer hierarchiefreien Kommunikation, wie es das Internet vorlebt, geprägt ist. Im BarCamp findet dieser Zeitgeist seinen Widerhall in Regeln, die so einfach und minimal gehalten sind, dass sie parallel zu den Eindrücken vom Kongress-BarCamp ganz beiläufig erklärt werden können.
Thema des BarCamps, das von Karlheinz Pape und Charlotte Venema geleitet wurde, war Corporate Learning. Die Experten? Alle, die gekommen sind, weil sie Corporate Learning „irgendwie interessiert“. Dieses „irgendwie“ läuft jeder Erwartungshaltung zuwider – und das ist gut so. In der Philosophie des BarCamps ist jeder Teilnehmer ein Experte, denn jeder hat seine Sicht auf das Thema und trägt somit zur Erkenntnis aller Beteiligten bei.
BarCampUnd worum ging’s? Das schlugen die Teilnehmer selbst vor. Claudia interessiert sich für intergeneratives Lernen, Erika für Open Learning. Von Martin kommt der Vorschlag über mobiles Lernen zu sprechen, Karlheinz lieber über MOOC. Und während sich Ilse die Frage stellt, ob die klassische Fortbildung ausgedient hat, möchte Charlotte gerne wissen, ob Lernziele überhaupt sinnvoll sind. Spätestens an dieser Stelle dürfte eine weitere BarCamp-Regel aufgefallen sein. Es gibt keine Nachnamen. Es gibt auch kein Siezen. Hierarchiefrei diskutieren heißt weg mit der Kleiderordnung und Formalitäten! Nach dem BarCamp ist Karlheinz, der alle Ideenvorschläge zu Papier bringt, wieder Herr Pape.
Demokratisch wird abgestimmt, in welche Reihenfolge die Themen diskutiert werden. Und da es die Räumlichkeiten hergeben, können jeweils zwei Gruppen ein stilles Eckchen zum Diskutieren wählen. 20 Minuten dauert ein Durchgang, in dem sich beispielsweise Claudias Gruppe darüber austauscht, wie man im Unternehmen systematisch Seniors und Juniors zusammenbringen kann, um die Synergieeffekte dieser unterschiedlichen Potenziale effektiv zu nutzen. Begriffe wie „Shadowing“, „Online Jammen“, „Lunch Roulette“ fallen dabei und, ach ja, „BarCamp“, dieser Begriff klingt schon bekannt.
Erika eröffnet ihr Thema „Open Learning“ mit einem Protest gegen das deutsche Bildungssystem. Warum hat es jemand, der sein Studium mit 3 abgeschlossen hat, so schwer, seinen Master zu machen? Die Diskutanten streifen in ihren Antworten unterschiedliche Aspekte neuer individueller Lernmöglichkeiten. Lässt man sich auf die Spielwiese der autodidaktischen Möglichkeiten ein, davon ist einer der Diskutanten überzeugt, kann so eine Selbstlerneinheit spannender als ein Tatort sein. Das Lachen der weiteren Teilgeber (alle Besucher können Themen einbringen) gibt ihm recht. Die Forenbesucher erfuhren von der üblichen Philosophie des Rekrutierens, die klar nach Noten aussiebt. Ein niederländischer Besucher erzählt, dass es in seiner Heimat gar keine Noten gibt, insofern auch keine Probleme wie die von Erika. Wie könnte so ein Modell in Deutschland aussehen? Jetzt sind leider die 20 Minuten schon wieder um.
Viel zu schnell, aber spannend war’s! Der Aha-Effekt ist jedes Mal da. Manchmal zu Aspekten, zu denen ich mir zuvor noch nie Gedanken gemacht habe. Aber gerade diese Überraschung ist reizvoll. Man weiß grob, um was es geht, alles andere entwickelt sich spontan. So wie die Gespräche in den Pausen von Kongressen …