Kongress-Nachbericht: Kommunen

Demografiefeste Kommunalfinanzen – Neue Herausforderungen und Handlungsoptionen

294A6007 (Small)Interkommunale Zusammenarbeit, Kommunaler Finanzausgleich – wenn es um die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Kommunen geht, müssen dicke Bretter gebohrt werden. Hinzu kommen steigende Ansprüche an die Daseinsvorsorge und stark divergierende Entwicklungen in der Rhein-Main-Region: Rasantes Bevölkerungswachstum auf der einen Seite – alternde, schrumpfende Gemeinden auf der anderen.

Welche Auswirkungen diese Gemengelage auf die Kommunalfinanzen hat, stellte Matthias Böss, Referent beim Regionalverband FrankfurtRheinMain, in seinem Impulsvortrag dar: Seit 2010 konnten die Mitgliedskommunen des Regionalverbandes zwar ein Einnahmeplus von elf Prozent verbuchen – im selben Zeitraum stiegen die Schulden jedoch sogar um 35 Prozent. Diese divergierende Entwicklung deute auf ein strukturelles Problem hin, und viele Kommunen im Süden und Osten des Verbandsgebietes stehen deshalb auch unter dem „Schutzschirm“. Allerdings sei eine differenzierte Analyse der Situation in den einzelnen Kommunen notwendig, sagte Böss. Er verwies auf die hohe Kaufkraft in vielen Taunus-Kommunen und auf die großen Bemühungen bei der Kinderbetreuung in vielen Mitgliedskommunen des Regionalverbandes, insbesondere im Westen.

Uwe Becker, Kämmerer der Stadt Frankfurt am Main, stellte dar, welche Konsequenzen die stark steigenden Einwohnerzahlen auf die Finanzen der Mainmetropole haben. Er verwies auf die gleichzeitig steigenden Bedürfnisse der Einwohner, insbesondere in den Bereichen Wohnungen und ÖPNV. Hinzu kommen ebenfalls stark steigende Einpendlerzahlen, die dazu führen, dass die Stadt Frankfurt über Tag die Infrastruktur einer Millionenstadt bereithalten müsse. Notwendig sei ein rechtzeitiger Ausbau der sozialen Infrastruktur. Insbesondere die Bedeutung der Bildung hob Becker hervor: Aus diesem Grund werde der Bildungsetat den Sozialetat, der bisher immer der größte Faktor gewesen sei, demnächst übertreffen.

294A6012 (Small)Für Norbert Altenkamp, Bürgermeister der Stadt Bad Soden, steht die interkommunale Zusammenarbeit im Mittelpunkt, um die absehbaren Herausforderungen des demografischen Wandels meistern zu können. Altenkamp sprach von „Kosten der Kleinheit“, die die Frage aufwerfen würden, ob die Region mit ihrer polyzentrischen Struktur weiter zukunftsfähig sein könne. Nicht jedes Rathaus müsse sämtliche Dienstleistungen vorhalten. Vor dem Hintergrund einer immer wichtiger werdenden interkommunalen Zusammenarbeit hob Altenkamp die Bemühungen seiner Stadt als vorbildlich hervor und verwies auf den gemeinsamen Standesamtsbezirk mit Schwalbach und die Kooperation mit der Telefonzentrale des Main-Taunus-Kreises.

Insbesondere aufgrund der aktuell stark steigenden Flüchtlingszahlen stellt die Integration von Zugewanderten ein weiteres Megathema für Städte und Gemeinden dar. Dr. Mattias Schulze-Böing, Leiter des Amtes für Arbeitsförderung, Statistik und Integration der Stadt Offenbach, verdeutlichte die daraus erwachsenden Herausforderung und stellte die Strategie der Stadt Offenbach dar. „Volkswirtschaftlich gesehen ergeben sich aus Investitionen in Integration die höchsten Renditen“, so Dr. Schulze-Böing. Gleichzeitig seien Bemühungen auf diesem Gebiet für ihn aber auch eine schiere Notwendigkeit, denn jede kommunale Tätigkeit sei letztendlich auch Integrationsarbeit. Dies gelte in besonderem Maße für Offenbach, das den höchsten Ausländeranteil aller Städte Deutschlands aufweise. Dadurch, dass weiterhin viele Migranten in die Stadt zögen und Offenbach auch die bundesweit höchste Fluktuationsquote aufweise, übernehme die Stadt eine Teilverantwortung für die Aufgaben der gesamten Region. Dr. Schulze-Böing forderte als Konsequenz aus seinen Ausführungen einen „Regionalen Pakt für Integration“, mit dem Städte, die einen besonderen Aufwand zur Integration von Ausländern betreiben, unterstützt werden müssten.

Beatrice Dott, Referentin für Finanzmanagement bei der Kommunalen Gemeinschaftstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt), versuchte die Entwicklungen in FrankfurtRheinMain einzuordnen, indem sie darauf verwies, dass es sich um typische Probleme einer Wachstumsregion handele und dass die Finanzen dem Wachstum bisher nicht Schritt halten konnten. Für Dott ist aktuell der richtige Zeitpunkt gekommen, um zu investieren und sich fit zu machen für den nahenden demografischen Wandel: „Hohe Steuererträge, niedrige Zinsen und ein enges Zeitfenster vor dem Hintergrund, dass in zehn bis 15 Jahren die Zahl der zu versorgenden Personen das Erwerbspersonenpotenzial übersteigt: Wenn wir nicht jetzt in die Zukunftsfähigkeit investieren, wann denn dann?“ fragte Dott rhetorisch. „Nicht der demografische Wandel ist das Problem, sondern das, was wir aus ihm machen“, fasste sie ihre Ausführungen zusammen.

Gesamtpräsentation „Forum Kommunen“
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Autor: Christian Weßling