Nachbericht Forum 2: Metropolregion

 

„Unsere Kommunen sind verfettet!“

Gemeinden in einer Region teilen häufig sehr ähnliche demografische Herausforderungen: die Abwanderung junger Menschen in die Großstädte, den Leerstand von Gebäuden oder die Aufgabe von ländlicher Infrastruktur wie Grundschulen oder Nahversorgung. Wäre es dann nicht sinnvoll, diesen Entwicklungen auch gemeinsam zu begegnen? Fanden auch die vier Referenten im diesjährigen Forum Metropolregion.

Für eine Analyse dieser Herausforderungen, die über die bislang genutzte reine Statistik hinausgeht, stellten Prof. Dr. Andreas Klocke und Dr. Sven Stadtmüller (beide von der Frankfurt University) den Demografieatlas vor. In dem möchten die Wissenschaftler aufzeigen, wie sich die künftige Bevölkerung in der Region hinsichtlich sozio-ökonomischer Indikatoren entwickeln wird. Also zum Beispiel, ob eher die gut Gebildeten wegziehen, wie die Haushaltszusammensetzung von Neu-Hinzugezogenen aussieht und welche Trendaussagen linear in die Zukunft fortgeschrieben werden können. Durch die Verbindung von Statistik und Sozialstruktur sollen politische Entscheider eine bessere Orientierung bekommen. Wie sehr Bürgermeister und kommunale Vertreter an diesen Daten interessiert sind, zeigte die lebhafte Diskussion im Anschluss. Knackpunkt: Je kleinräumiger die Erhebungen ausfallen, desto teurer werden sie. Weil dieser Umstand nicht wirklich überrascht, plädierten einige Teilnehmer für eine Verteilung der Kosten auf mehreren Schultern. Ein Klein-Klein geht dann nicht, aber braucht es für wirtschafts- und sozialpolitische Perspektiven ja auch nicht unbedingt.

Von Klein-Klein zum Denken aus der Vogelperspektive ging es anschließend im Vortrag von Dr. Sandra Zenk aus Eschborn. Die Stadtplanerin erläuterte sehr anschaulich, worauf es bei Stadtentwicklung ankommt und streifte dabei die Konzepte von der Antike bis zur Gegenwart. Jede Epoche hatte ihre eigenen Anforderungen, bedingt durch neues Mobilitätsverhalten, Bevölkerungsverdichtungen oder – und da sind wir in der Gegenwart – die Digitalisierung. Wenn bis zum Jahr 2050 schätzungsweise 75 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben, braucht es nachhaltige Strategien für Mobilität, Ökologie, Wohnen und soziale Infrastruktur. Dazu sind konkrete Daten strategisch essenziell. Hier kann der Demografieatlas ansetzen und die Prognosefähigkeit von Masterplänen unterstützen.

Kooperation statt Konkurrenz

Fundierte Daten sind das Eine, eine neue Geisteshaltung das Andere, wenn es darum geht, Regionalentwicklung zum Fliegen zu bringen. Zwar gibt es schon ein Mehr an Miteinander wie die Beispiele Regionaltangente West oder gemeindeübergreifende Radschnellwege zeigen. Aber: Das geht alles zu langsam! Wo die Beharrungskräfte besonders stark sind, nehmen Planungsverfahren auch mal die Dauer eines Stadtplaner-Berufslebens ein. „Wir sind verfettet!“ hieß es da von einem langjährigen Bürgermeister. Schneller ginge es, wenn über die regionalen Grenzen hinausgedacht würde und sich Verwaltungen wirklich auf einen Dialog einließen.

Einen solchen führt die FrankurtRheinMain GmbH mit vielen Akteuren der Region. Geschäftsführer Oliver Schwebel stellte dafür das Kooperationsprojekt FRM 2030 vor. Was ist den Menschen wichtig? Was glauben sie, wie sich die Region entwickeln wird? In einer umfangreichen Onlinebefragung analysierte das Projekt die „Stimmungen“ in der Bevölkerung. In mehreren Workshops wurden anschließend wichtige Fragestellungen aus insgesamt elf Themengebieten zusammen erörtert. Demografie ist eines davon. Das Ziel ist ein Zukunftsbild inklusive Maßnahmenkatalog für die gesamte Metropolregion. Welche Schritte müssen z.B. gegangen werden, um die 68-er Babyboomer zu ersetzen, die bis 2030 in den Ruhestand gehen – und wir reden hier von 20 Prozent der Arbeitskräfte! Und wenn so viele in die Städte ziehen, wie Dr. Zenk veranschaulichte, wie lösen wir das Verkehrschaos? Als Beispiel wurde der Frankfurter Hauptbahnhof genannt, der durch seine Kopf-Architektur nur eine begrenzte Kapazität fassen kann, wodurch der Südbahnhof bereits als Bypass herhalten muss. Und in der Peripherie? Dort könnte eine scheinbar abwegige Idee wie die Wuppertaler Schwebebahn für endlegende Regionen wie Lautertal eine Antwort auf den rückgängigen ÖPNV sein.

Der Diskussionsstoff war beträchtlich, die muntere Runde hätte sich gerne noch mehr Zeit gelassen. Mit nach Hause genommen werden konnte nicht nur ein beträchtliches neues Wissen über die Möglichkeiten von Statistik, die strategische Relevanz von Masterplänen und die Bedeutung von Kooperationen. Sensibilisiert wurde auch für eine differenzierte Herangehensweise an die heterogenen Anforderungen und Ideen ersonnen, wie eine solche aussehen kann.

Autor: Michaela Sadewasser

Zur Präsentation (PDF)

 

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